Den kleinen Ort Soumpere Lame erreicht man von Mayo Darle aus nach knapp zwei Stunden Autofahrt. Nach einer Stunde biegt man mitten in den Busch auf eine enge, jedoch gut befahrbare Nebenpiste und folgt dieser für weitere 27 Kilometer. Längst befindet man sich ausserhalb vom Telefonnetz. Nach einer halben Stunde erreicht man nacheinander zwei kleine Dörfchen namens Larbel und Mayo Boutaly Allarba. Nach einem steilen Aufstieg von 10 Kilometern über ein steiniges Streckenstück ist man auf dem Schulgelände von Soumpere Lame.
Als wir im April 2017 das erste Mal hinfuhren, wunderten wir uns, ob hier tatsächlich noch «Leben» zu finden sein würde. Denn uns begegnete über mehrere Kilometer keine Menschenseele. Es gab auch kaum Hütten zu sehen. Eine alleine streunende Kuhherde blockierte für einen kurzen Moment unseren Weg. Am Pistenrand standen vereinzelt Bambushölzer zum Verkauf für Hausdächer oder Zäune.
In Soumpere Lame leben rund 15 Familien verstreut in einfachsten kleinen Strohdachhütten. Die Bewohnerzahl wird auf über 200 geschätzt. Alle sind Muslime. Sie leben von Kühen und von ihrer Farm. Der einzige Fluss, aus dem sie ihr Trinkwasser entnehmen können, ist sehr weit entfernt und führt in der Trockenzeit kaum Wasser. Der nächstgrössere Markt liegt 10 Kilometer entfernt in Mayo Boutaly Allarba. In 7 Kilometer Entfernung finden die Bewohner einen kleinen Markt.
Soumpere Lame hatte – wie so viele Orte in dieser Region – nur eine einfache Schule mit Strohdach und einigen Ästen. Ohne Wände und ohne jegliches Inventar. Diese Staatsschule wurde im Jahr 2009 eröffnet. Im Jahr 2014 musste sie für zwei Jahre geschlossen werden, weil sie kein Gebäude und auch keinen Lehrer mehr zur Verfügung hatten. Im Jahr 2017 versuchte das Dorf erneut selber, ein Gebäude auf die Beine zu stellen. Der Staat stellte ihnen 1 Lehrer namens Roger Leon zur Verfügung. Er unterrichtete bei unserem ersten Besuch 114 Kinder in den Klassen 1 und 2 in einer sogenannten «one pot soup»-Klasse (alle in einem einzigen Raum).
Während wir uns einen ersten Augenschein der Situation verschafften, gingen einige Frauen zu Fuss an uns vorbei. Sie trugen auf dem Kopf Holz aus dem Busch nach Hause. Scheu blickten sie uns an und gingen nach einer flüchtigen Begrüssung weiter. Eine Handvoll Kinder tummelten sich im Freien neben dem Strohhütten-Schulhaus. Auch sie hatten zwar anfängliche Scheu, doch kamen nach und nach angerannt, um uns zu begrüssen. Einige der Kinder des Ortes litten deutlich an Unterernährung. Zum Lachen fehlte ihnen die Kraft... Dieser Ort hatte unsere Hilfe wirklich mehr als nötig. Es war ein unglaublich trauriger Anblick, der uns dazu bewog, als erste Hilfe umgehend einen Lebensmitteltransport zu organisieren.
Die Bewohner erzählten uns, dass sie enorm froh wären, wenn wir ihnen beim Bau einer Schule helfen könnten. Sie kannten unsere bereits errichteten Schulen in der Region, obwohl sie etliche Kilometer entfernt leben. Das «Buschtelefon» funktioniert überall hin. Wir einigten uns mit ihnen darauf, dass sie die benötigten 4000 Erdblöcke, das Holz sowie Wasser für die Baustelle vorbereiteten. Dies war ihr eigener Anteil an unseren gemeinsamen Neubau. Der Sand für den Bau musste mit einem Fahrzeug angeliefert werden, da ihr Fluss keinen Sand führt. Der Startschuss für den Neubau fiel unmittelbar nach unserem ersten Besuch.
Zur Feier des Tages verteilten wir allen Anwesenden neue Zahnbürsten und den Schulkindern einen Fussball. Als wir uns verabschieden wollten, liessen die Bewohner uns nicht gehen, ohne dass sie für uns gebetet hatten. Sie freuten sich riesig, dass wir ihnen Hilfe zugesichert hatten und ihre Kinder schon bald eine schöne neue Schule besuchen konnten.
Am letzten Tag des Jahres 2017 waren wir erneut persönlich vor Ort. Diverse Dorfbewohner kamen aus allen Richtungen angerannt, um uns zu begrüssen. Wir waren glücklich, als wir die vielen bereitliegenden Erdblöcke entdeckten. Die Bewohner erzählten uns, dass sie jemanden engagiert und bezahlt hatten, der ihnen bei der Herstellung der Erdblöcke half. Deswegen waren alle akkurat geformt und professionell. Für diese Arbeit war Erde aus einem tiefen Loch geholt worden. Innert kurzer Zeit waren die Arbeiter damit fertig und bereit für den Aufbau. Nun warteten sie auf unseren Baumeister, damit der Neubau starten konnte. Auch wenn wir nur einen Kurzbesuch abstatten konnten, freuten sich alle sehr, dass wir vorbeigekommen waren und ihre tadellose Arbeit anerkannten. Bevor wir uns auf den Rückweg begaben, schüttelten wir unzählige Hände, die uns aus tiefstem Herzen dankten. Die Dorfältesten vereinten sich erneut mit uns in einem Kreis, um für uns zu beten. Wenige Wochen später fuhren unsere Bauleute nach Soumpere Lame und begannen mit dem Neubau, welcher im April 2018 fertig gestellt wurde. Die Schulkinder bezogen die neuen Räumlichkeiten umgehend.
Im September 2018 fuhren wir zum dritten Mal nach Soumpere Lame, wo über 50 Schulkinder auf uns warteten, um offiziell gemeinsam ihre neue Schule zu eröffnen. Der Lehrer sowie die Dorfältesten bedankten sich von ganzem Herzen und waren überglücklich. Sie versprachen, Sorge zu ihrem neuen Schulhaus zu tragen. Das neue Gebäude benutzen die Kinder mittlerweile bereits seit 5 Monaten. Wir knipsten diverse Fotos als Erinnerung und für den Spender und waren stolz, dass wir es geschafft hatten, in dieser Abgeschiedenheit ein solch’ stabiles Schulhaus aufzustellen. Die Dorfältesten überreichten uns einen Hahn sowie eine Hand voll Eier als Dank und beteten in gemeinsamer Runde für uns, für die Spender und für eine gute Rückreise.
Dieses Primarschulhaus konnten wir dank einer Hinterlassenschaftsspende errichten. Unser schöner Neubau wird viele weitere Kinder zur Schule locken. Das Gebäude besteht aus zwei Schulräumen mit stabilen Eisentüren.