Der Ort Tchatibali liegt 32 Kilometer von Touloum und 54 Kilometer von der Stadt Yagoua entfernt. Er erstreckt sich über eine Fläche von 150 km2. Die Häuser liegen über eine weite Fläche verstreut. Im Zentrum von Tchatibali leben rund 7500 Personen. In der gesamten Region ein Total von 45 000. Die Bewohner gehören überwiegend zur Ethnie der Tupuri sowie wenige Mundang, Massa, Guiziga und Peul. Sie sprechen untereinander ihre Dialekte und miteinander die Handelssprache Fulfulde. Die Amtssprache Französisch verstehen nur sehr wenige. Alle sind einfache Ackerbauern, einige wenige besitzen Schafe oder Kühe. Der Ort hat keinen Strom.
Um nach Tchatibali zu kommen, fährt man während der Regenzeit aufgrund des stehenden Wassers via Touloum weiter Richtung Saouchai. Ab Touloum befindet man sich auf einer einfachen Piste. Während der Trockenzeit ist ein deutlich kürzerer Weg durch die kleinen Orte Bougaye, Golopo, Lokoro und Doukoula passierbar. Auf beiden Strecken fährt man vorbei an einfachsten Strohdachhütten sowie kilometerlangen Feldern mit Reis, Hirse, Baumwolle, Zwiebeln oder Erdnüssen. Trotz der Landwirtschaft hat diese Region immer wieder mit Hungersnot zu kämpfen. Die Frage, wann man isst, stellt sich hier nicht. Man isst, wenn man hat und hungert, wenn es nichts hat. Die Natur macht es den Bewohnern nicht einfach. Seit dem Klimawandel fehlt es immer häufiger an ausreichend Regen und die Felder geben nicht mehr genug her, um alle zu ernähren.
Kein einziges Auto kam uns während der Anfahrt und auf der Rückfahrt entgegen. In dieser Gegend hat ausschliesslich der Gemeindevorsteher eines grösseren Ortes ein Fahrzeug. Während eines Markttages sieht man fahrende Verkäufer aus anderen Regionen.
Die katholische Primarschule Saint Augustine von Tchatibali besteht seit 2015. Im Frühjahr 2019 bat uns Bischof Barthélemy der Diözese Yagoua um Hilfe für ein Schulgebäude in diesem Ort. Bei der ersten Anfrage zählte die Schule 215 Kinder und 4 Lehrpersonen. 7 Monate später waren es bereits 300 Kinder und 6 Lehrpersonen. Die Region hat schnell erkannt, dass der Schulunterricht an dieser Schule qualitativ sehr hochwertig ist. Ab 5 Jahren kann ein Kind an dieser Schule in die erste Klasse eingeschrieben werden. Der Nachwuchs wird schon in der Primarschule zweisprachig in den beiden Amtssprachen Französisch und Englisch unterrichtet. Alle Glaubensrichtungen sind in der katholischen Primarschule Tchatibali willkommen. Die einzige Voraussetzung zur Teilnahme am Unterricht ist nebst dem Schulgeld eine Uniform, eine Schultasche sowie die benötigten Hefte und Stifte.
Nach unserem ersten Besuch im November 2019 war uns sofort klar, dass diese Schule dringend Hilfe benötigt. Die Kinder sassen in auf einfachste Weise konstruierten Buschhütten aus Hirsestängeln und unter improvisierten geflochtenen Strohdächern. Ein Klassenzimmer hatte gerade einmal eine Grösse von rund 36 m2, worin eng an eng durchschnittlich 80 Kinder sassen. In der Regenzeit ab Juni bis Oktober tropfte es ihnen auf den Kopf und in ihre Hefte. Ein konzentriertes Lernen war während dieser Zeit unmöglich. Oft musste die Schule deswegen geschlossen bleiben.
Für ein Schuljahr bezahlen die Eltern 16 700 CFA (knapp 28 CHF). Sie geben alles dafür, dieses für sie hohe Schulgeld für ihren Nachwuchs aufbringen zu können. Denn sie haben verstanden, wie wichtig eine solide Grundausbildung ist. So waren denn auch alle Kinder auffallend gut erzogen und trotz der grossen Zahl an Kindern pro Klasse herrschte absolute Ruhe, Disziplin und Ordnung. Die Kinder glänzten durch Aufmerksamkeit und ihre Lehrpersonen punkteten bei uns mit der Organisation ihrer grossen Kinderschar.
Als erstes dokumentierten wir die Schule mit der Drohne. Wir versprachen der Lehrerschaft, uns um SpenderInnen für einen Neubau zu bemühen. Die vielen Kinder kreischten vor Freude, rannten der Drohne unter der brennenden Sonne hinterher, streckten ihre Ärmchen in die Höhe und hatten riesige Freude. Alle waren vollkommen aus dem Häuschen. Es herrschte Tumult, den wir alle genossen. Genau für Momente wie diesen setzen wir uns immer wieder für Kinder ein. Wir hatten an diesem Morgen nicht weniger Freude als sie. Doch vorerst mussten wir uns um den benötigten Geldbetrag bemühen, um ihnen helfen zu können.
Im Januar 2020 hatten wir den Betrag beisammen und konnten das Geld dem Bauteam übergeben. Als erstes wurde mit der Brunnenbohrung begonnen, damit sofort Wasser für den Aufbau zur Verfügung stand. Zudem profitierten die vielen Kinder sogleich vom sauberen Trinkwasser. Anschliessend begann der Aufbau der Räumlichkeiten.
Im Oktober 2020 fuhren wir zum zweiten Mal nach Tchatibali. Es fehlte nicht mehr viel bis zur kompletten Fertigstellung unserer vier Klassenzimmer. Während einer gemeinsamen Messe bedankten sich Bischof Barthélemy sowie die BewohnerInnen und Lehrpersonen von Tchatibali von Herzen für die Hilfe. Alle jubelten und klatschten vor Freude. Als Dankeschön überreichten sie einen Ziegenbock und beglückten Katja Bruhin mit dem ehrenvollen Titel «Maï Tchatibali». Was so viel bedeutet wie «Mädchen aus Tchatibali», so dass wir bei Ihnen immer einen Platz und ein Zuhause haben.
Fünf Monate später im März 2021 waren wir erneut vor Ort. Leider hatte der Baumeister zwischenzeitlich getrödelt und sein Bauteam hatte es nicht besonders eilig. Immer wieder beschäftigten sie sich an anderen Orten und vernachlässigten eine speditive Fertigstellung auf unserer Baustelle. Die Schule befand sich beinahe noch im gleichen Stadium wie beim letzten Besuch. «Nur noch zwei Wochen», versprach der Baumeister. Währenddessen waren die Arbeiter damit beschäftigt, die Wandtafeln an die Wände zu montieren. Die Bemalung und einige Aufräumarbeiten im Innen- sowie Aussenbereich fehlten noch.
Vier Wochen später im April 2021 war es endlich so weit: Die vier Klassenzimmer waren fertiggestellt und einzugsbereit. Als die inzwischen 361 Schulkinder (alle bis auf sechs Kinder der Ethnie Tupuri) und 8 Lehrpersonen (alle aus Tchatibali) uns auf das Gelände fahren sahen, stiessen sie schon von weitem Freudenschreie aus. Der gemeinsamen Eröffnungsfeier stand nun nichts mehr im Wege. Die Lehrerschaft sowie der Präsident der Elternvereinigung hielten feierliche Ansprachen und bedankten sich von Herzen. Uns freuten alle ihre rühmenden Worte und die vielen «souse’e souse’e» (Danke auf Tupuri). Doch den grössten Dank gaben uns die Kinder. Ihre strahlenden Augen sprachen mehr als alle Worte zusammen. Für die gemeinsamen Bilder rannte die Kinderschar während Minuten der Drohne nach, kreischte, jubelte, versuchte sie zu fangen und ermüdete sich trotz grosser Hitze unter der brütenden Sonne nicht. An diesem Tag fiel der Unterricht aus und es herrschte Feiertag.
In unsere vier neuen Klassenzimmer durften die Klassen 4 und 5 einziehen. Damit sie – bevor sie zur Sekundarschule wechseln – davon profitieren können. Zudem spornt es die jüngeren Kinder – beziehungsweise ihre Eltern – an, ihre Kinder in der kath. Primarschule von Tchatibali einzuschulen.
Das Primarschulhaus in Tchatibali mit vier Klassenzimmern konnten wir ganz nach unserem Motto realisieren:
«Viele kleine Leute an vielen kleinen Orten, die viele kleine Dinge tun, werden das Antlitz dieser Welt verändern...»
Wir danken den 22 verschiedenen SpenderInnen von ganzem Herzen für ihre Grosszügigkeit!